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Sheryl Crow: "Ich muss endlich meinen großen Mund halten!"

Sheryl Crow: "Ich muss endlich meinen großen Mund halten!"

Source: WAZ
Author: Marcel Anders

Essen. Zwei Teenager und Donald Trump veranlassen Sheryl Crow nach fünf Jahren zum Rücktritt vom Rücktritt: "Evolution", ein starkes Comeback.

2023 wurde sie in die Rock'n'Roll Hall Of Fame aufgenommen, zählt mit 50 Millionen verkauften Tonträgern zu den erfolgreichsten Rockmusikerinnen und ist gerade 62 Jahre alt geworden: Die Rede ist von Sheryl Crow, die am Freitag ihr neues Album "Evolution" veröffentlicht. Das Besondere daran: Eigentlich wollte sie keins mehr machen. "Ich muss endlich meinen großen Mund halten", lacht die Künstlerin sichtlich verlegen. "Nur: Ich glaube halt nicht, dass meine Alben noch in diese Zeit passen. Mein Letztes hat sich so gar nicht für irgendwelche Playlisten geeignet - und wird wahrscheinlich nie von Anfang bis Ende gehört."

Merke: Der Frust sitzt tief. Sheryl Crow fühlt sich altersdiskriminiert - von Streamingdiensten und der Musikindustrie. Deshalb war sie in den letzten fünf Jahren vor allem eine alleinerziehende Mutter von zwei pubertierenden Adoptiv-Kindern. Rückfällig geworden ist der Superstar der 90er jedoch nur, weil Freunde ihre eine entspanntere, neue Arbeitsweise empfohlen haben. Statt sämtliche Instrumente selbst zu spielen und alles in Eigenregie zu produzieren - wie sie es gewohnt ist -, hat sie Studiotüftler Mike Elizondo (Maroon 5, Keith Urban) engagiert. Der hat ihren Gesang und ihr Klavier- sowie Gitarrenspiel selbstständig zu insgesamt neun Stücken verarbeitet. "Ich habe quasi das Drehbuch geschrieben, aber es nicht selbst umgesetzt", erklärt Sheryl. "Dafür hatte ich einen Regisseur - die beste Entscheidung seit langem. Es hat mich umgehauen, was er daraus gemacht hat. Nämlich kein konventionelles Album, sondern eine Playlist, die den Augenblick einfängt, in dem wir uns gerade befinden."

Sheryl Crows neues Album "Evolution" ist ein anspruchsvoller Spaß

Der Song-Parcours umfasst charmanten Pop-Rock, opulente Balladen, akustischen Folk und Blues, 60s Psychedelia sowie HipHop-Beats in der Manier der Beastie Boys. Zudem weist jedes Stück eine andere Stilistik auf - aber alle glänzen mit starken Melodien, tiefenentspanntem Vibe, verspielten Sounds und Ohrwurm-Potential. Das Ergebnis: eines der besten Alben, die Sheryl Crow in ihrer 30jährigen Karriere aufgenommen hat. Auch wegen der ambitionierten Texte, die letztlich in eine ganz andere Richtung gehen als ursprünglich geplant. "Das Album sollte Spaß machen - und keine Endzeitstimmung verbreiten. Doch wenn ich darüber rede, hat es etwas davon, als bräuchten wir alle einen Therapeuten. Was in der Welt passiert, die politischen Führer, die wir wählen, und das Gift, das wir versprühen, wenn wir anderer Meinung sind, ist furchteinflößend. Deshalb sage ich: ´Schaltet die Sender ab, die Nachrichten so aufblasen, dass sie uns komplett vereinnahmen.´ Normalerweise sind wir Amerikaner nämlich nicht so wütend. Und meine Hoffnung ist, dass wir wieder zur Vernunft kommen und uns fragen: ´Wo und wie können wir helfen?´"

Über Waffen-Befürworter kann sich Sheryl Crow aufregen. Und zu Künstlicher Intelligenz hat sie auch was zu sagen

"Evolution", das zwölfte Album von Sheryl Crow, ist wie eine Reihe von Fragen und Denkanstößen - zum Umgang mit künstlicher Intelligenz, sozialen Medien, Erderwärmung und Rechtspopulisten. Crows Lösungsansatz: Mehr Empathie, mehr gesunder Menschenverstand. Aber auch eine demokratische Regierung und schärfere Waffengesetze. Ihr Song "Broken Record" handelt vom Amoklauf an der Covenant School in Nashville vom März 2023. "Eine Menge Leute sind es leid, diffamiert zu werden, weil sie sich gegen den freien Verkauf von Waffen aussprechen - während alle, die dafür sind, als Patrioten gelten", echauffiert sich Sheryl. "So war Amerika nicht immer - früher hätte niemand öffentlich gesagt: ´Wenn du dagegen bist, bist du der Feind.´ Wir müssen dringend einen Weg finden, wie wir die Welt verbessern, weil unsere Kinder nicht mehr sicher sind und kaum noch Touristen in die USA reisen. Das hat nichts mit Patriotismus zu tun."

Starke Worte von einer starken Frau - die auch die Strahlkraft, das Selbstbewusstsein und die richtige Vision für das höchste Amt im Staate hätte. Man müsste sie nur fragen. Wenn sie mal wieder von der Musik genug hat.