Warum Dm bestimmte Produkte jetzt auch unverpackt verkauft
Source: WAZ
Author: Theresa Althaus
Essen. In ausgewählten Dm-Filialen kann man Nudeln, Linsen oder Müsli jetzt auch unverpackt einkaufen. Was die Drogeriekette damit vorhat.
Eine gute Nachricht für umweltbewusste Konsumentinnen und Konsumenten: Die Drogeriemarkt-Kette Dm bietet seit diesem Jahr deutschlandweit in ausgewählten Filialen - in NRW an den Standorten Bielefeld, Hattingen, Münster Paderborn, Plettenberg, Recklinghausen, Schwerte und Soest - sogenannte Unverpackt-Stationen an. Dort kann man sich bestimmte Produkte der Dm-Bio-Produktpalette vor Ort in eigene Behälter abfüllen.
Während Dm eigenen Angaben zufolge mit dem Projekt vor allem auf die Wünsche der Kundinnen und Kunden eingehen möchte, begrüßen Unverpackt-Verbände den Schritt der Drogeriemarkt-Kette auch in Bezug auf Nachhaltigkeit und Reduktion von Verpackungsmüll.
In diesem Artikel finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um die Abfüllstationen bei dm.
Die Abfüllstationen bei Dm sind kleine Stationen in der Bio-Abteilung von Dm, an denen Kundinnen und Kunden verschiedene Produkte der Bio-Produktpalette in ihre eigenen Behälter abfüllen können.
Anschließend müssen Kundinnen und Kunden die Behälter samt ihres Inhaltes selbst wiegen und ein Etikett drucken, das sie außen auf den Behälter kleben. Sie können mitgebrachte eigene Behälter mitbringen oder bei Dm gegen Pfand Behälter ausleihen, in die sie die gewünschten Produkte füllen.
Aktuell kann man an den Unverpackt-Stationen von dm zwölf Produkte abfüllen: Dinkel-Gabelspaghetti, Rote Linsen, Basmatireis weiß, Cashew Bruch, Nusskern-Mischung, Studentenfutter, Mandeln (ganze Kerne), Kinder-Früchtemüsli, Haferflocken, Beerenmüsli, Schoko Crunchy und Caffè crema de Peru.
Alle Produkte werden zu den gleichen Preisen verkauft wie die abgepackten Produkte im Regal. Sie sind nicht teurer als die verpackten Produkte.
Laut der Drogeriemarkt-Kette Dm werden die Behälter der Abfüllstationen von den jeweiligen "Herstellpartnern" der Dm-Bio-Produkte aufgefüllt und von dort an die verschiedenen Verteilzentren geschickt. Anschließend gelangen sie luftdicht verschlossen in die jeweiligen Dm-Märkte und werden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort in die Abfüllstationen eingesetzt.
Sobald ein Behälter leer sei, werde er aus der Abfüllstation entnommen und von einem Partnerunternehmen abgeholt, gereinigt und den Dm-Bio-Herstellpartnern wieder zur Verfügung gestellt, heißt es seitens Dm.
Aktuell handelt es sich bei den Abfüllstationen um ein Pilotprojekt der Drogeriemarkt-Kette. Die Abfüllstationen gibt es nur in ausgewählten Dm-Filialen in ganz Deutschland. In NRW gibt es die Stationen in Bielefeld, Hattingen, Münster, Paderborn, Plettenberg, Recklinghausen, Schwerte und Soest. Hier geht es zur Übersicht über die am Pilotprojekt teilnehmenden Filialen.
Laut Dm wurden die Filialen nach verschiedenen Kriterien ausgewählt, unter anderem Platzbedarf und die baulichen und technischen Gegebenheiten.
Laut Dm ist es eines der eigenen Ziele, Verpackungen zu vermeiden. Vor allem wolle man bei dem Projekt aber auf die Wünsche der Kundinnen und Kunden eingehen. Die Drogeriemarkt-Kette wolle außerdem Erfahrungen im Bereich unverpackt sammeln und den Kundinnen und Kunden ein "individuelles und bewusstes Einkaufserlebnis" ermöglichen.
Das ist noch nicht klar. Aktuell handelt es sich bei den Abfüllstationen um ein Pilotprojekt. Dm-Geschäftsführerin Kerstin Erbe sagt auf Anfrage unserer Redaktion, man wolle mit den Abfüllstationen erst einmal "Erkenntnisse gewinnen". Entscheidend seien außerdem das Feedback der Kundinnen und Kunden sowie die Nachfrage nach den unverpackten Produkten.
Nach der Testphase, die gerade läuft und ein Jahr dauert, wolle man eine große Auswertung durchführen. Falls das Pilotprojekt gut angenommen werde, könnte es sein, dass die Abfüllstationen auch in weiteren Dm-Märkten aufgebaut werden.
Dies plant die Drogeriemarkt-Kette aktuell nicht. Eigenen Angaben zufolge hat Dm aber zum Ziel, "das Sortiment kontinuierlich nachhaltiger zu gestalten und das Serviceangebot gemäß den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden weiterzuentwickeln".
Der Unverpackt-Verband in Deutschland befürwortet den Schritt der Drogeriemarkt-Kette. Christine Holzmann, PR-Chefin des Unverpackt-Verbandes in Deutschland, sagt unserer Redaktion: "Aus welchen Gründen Dm das jetzt macht, ob das Marketing-Gründe sind oder Lobbyismus, das wissen wir nicht. Aber ganz grundsätzlich befürworten wir das total und würden uns wünschen, dass das tatsächlich auch auf mehrere Branchen übergreift."
Dm bringe das verpackungsfreie Einkaufen außerdem in die breite Gesellschaft und könne somit viel mehr Menschen zu einem ressourcenschonenden Konsum anregen. Der Schritt von Dm sei eine Bestätigung für die Branche der Unverpackt-Läden, heißt es seitens des Verbandes, zu dem aktuell 41 Unverpackt-Läden in NRW gehören.
Laut Christine Holzmann vom Unverpackt-Verband spart der Einkauf von unverpackten Lebensmitteln entlang der gesamten Lieferkette - also von der Ernte auf dem Feld bis zum fertigen Produkt im Supermarkt-Regal - im Durchschnitt 84 Prozent des entstehenden Verpackungsmülls.
Das lässt sich leicht auf die einzelne Person herunterrechnen: Laut Statistischem Bundesamt fielen im Jahr 2021 auf jeden Menschen in Deutschland durchschnittlich 237 Kilogramm Verpackungsmüll - übrigens ein neuer Müll-Rekord in Deutschland und einer der schlechtesten Werte in Europa.
Wenn jeder Mensch in Deutschland unverpackt eingekauft hätte, hätte er oder sie 84 Prozent des Mülls gespart. Dann blieben noch rund 38 Kilogramm Verpackungsmüll im Jahr übrig.
Natürlich ist dies eine Utopie: "Auch ich als Inhaberin von einem Unverpackt-Laden gehe mal los und kaufe mir Tiefkühl-Pommes", sagt Holzmann unserer Redaktion. Jedoch könne jede Gelegenheit, bei der Verpackungsmüll gespart wird, einen kleinen Beitrag zu umweltfreundlicherem Konsum leisten.
Davon abgesehen, dass Verpackungsmüll weltweit für 3,4 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich ist, ist Kunststoff ein nicht biologisch abbaubares Material. Silvia Cabrera Cayola, Umweltexpertin bei der Verbraucherzentrale- NRW, sagt unserer Redaktion: "Plastikverpackungen können jahrhundertelang in der Umwelt verbleiben. Sie zerfallen sehr langsam durch Wind, Sonnenlicht, Regen oder Wellen allmählich zu Mikroplastik. Mikroplastik gelangt in die natürlichen Stoffkreisläufe und somit auch teilweise in die Nahrungskette."
Die Folgen für Natur und Menschen könnten jedoch aktuell noch nicht vollständig abgeschätzt werden, sagt die Expertin.
Wer im normalen Supermarkt einkaufen geht, kann laut Christine Holzmann vom Unverpackt-Verband zum Beispiel schon jetzt Obst und Gemüse unverpackt einkaufen. Auch gebe es in den meisten regulären Supermärkten inzwischen festes Shampoo, feste Seife oder feste Gesichtsreinigung, die ebenfalls unverpackt angeboten werde. Milchprodukte wie Käse könne man ebenfalls unverpackt an der Käsetheke kaufen.
Außerdem empfiehlt Holzmann: "Einfach mal auf der Packung gucken: Wie groß ist die Packung und wie viel Inhalt ist drin? Da wird man erschrecken, wie viel Luft man ganz oft kauft - unbeabsichtigt. Und einfach zu sagen: Ich kaufe mir die Tafel Rittersport als Ganzes anstatt diese ganzen einzeln eingepackten Mini-Schokowürfel."
Darüber hinaus rät Holzmann zu einer "Müllbilanz": "Man kann mal in den Mülleimer schauen und sagen: Wo entsteht eigentlich der meiste Müll?" Bei vielen Menschen seien das Getränkekartons, also Tetra Paks. Die könne man zum Beispiel einfach in der Mehrwegflasche kaufen. "Da gibt es die einen oder anderen Schrauben, die wirklich viel bringen, die nur alle eins gemeinsam haben: Dass ich wieder anfangen muss, mich mit meinem Einkauf auseinanderzusetzen", so Holzmann.
Als Verbraucher könne man von einem bewussteren Konsum übrigens auch profitieren: Wenn man dadurch zum Beispiel viel seltener den Müll rausbringen müsse. Oder wenn man merke, dass man durchs unverpackte Einkaufen einen viel stärkeren Bezug zum Lebensmittel entwickle.