"Gab mir Glauben an Menschen zurück": Beliebter Lehrer mit 100 gestorben - Schüler erinnert sich voller Dank
Source: inFranken.de
In Forchheim ist ein ehemaliger Lehrer verstorben - im stolzen Alter von 100 Jahren. Gerhard Hentschel war unter anderem an der damaligen Zentralschule (heute Ritter-von-Traitteur-Mittelschule) tätig. Zuletzt hatte der Pädagoge als Rektor der Kirchehrenbacher Volksschule fungiert, ehe er 1989 in Pension ging. "Seit meiner Schulzeit habe ich immer wieder an ihn gedacht", berichtet Rainer Schrüfer inFranken.de. "Das ist jetzt 60 Jahre her."
"Er war ein weltoffener Mensch", erzählt Hentschels einstiger Schüler. "Ich persönlich habe ihm viel zu verdanken". Ihn hätte er laut Eigenaussage ein paar Jahre früher benötigt. Denn der Vorgänger des "fairen und gerechten" Lehrers sei das genaue Gegenteil gewesen. "Zuvor hatten wir einen Lehrer, der wirklich geprügelt hat - mit Schaum vor dem Mund." Dieser habe sich auf ihn, den vorwitzigen und lebhaften Schüler, seinerzeit eingeschossen. "Von ihm wurde ich damals immer wieder grün und blau geschlagen", sagt Schrüfer. In seinen beiden letzten Volksschuljahren habe ihm Gerhard Hentschel dann "den Glauben an mich und den Menschen wieder zurückgegeben".
Hentschels Unterricht sei ihm nach den vorherigen leidvollen Erfahrungen wie ein Akt der Befreiung erschienen. "Es ist, als wäre man aus einem Feldzug herausgekommen", hält Rainer Schrüfer mit Blick auf die Jahre 1963 und 1964 fest. Der Forchheimer besuchte damals die Klassen 7 und 8 der Zentralschule. "Die Zeit war natürlich geprägt durch die vorhergehenden Lehrer. Da hatte jeder seine Marotten", erzählt der heute 73-Jährige. "An den Haaren zu ziehen oder mit dem Lineal auf die Finger zu schlagen, war damals üblich."
Der erwähnte andere Lehrer sei gleichwohl weitergegangen. "Ich lag über der Bank, zwei Schüler haben die Hose gehalten und er hat drauf gedroschen", erinnert sich Schrüfer. Die erlittenen Blessuren - etwa am Rücken - habe er zu Hause vor den Eltern versteckt. "Das war damals so. Heute geht man damit natürlich anders um." Seine Leidenszeit habe schließlich mit dem Lehrkraftwechsel ein Ende gefunden. "In der 7. Klasse habe ich dann Herrn Hentschel bekommen." Dieser sei stets freundlich und fair gewesen und habe seine Schüler immer nach Leistung bewertet. Bei seinem Vorgänger sei dies anders gewesen. "Wer aus guten Kreisen kam, wurde nicht so geprügelt wie andere."
Mit Gerhard Hentschel habe sich das Blatt glücklicherweise zum Guten gewandt. "Er war Ende 30, Anfang 40", berichtet Schrüfer. Und damit als Lehrer für die damalige Zeit verhältnismäßig jung. Bei Hentschels Vorgänger habe sich hingegen um einen "kriegsgeschädigten boshaften Lehrer" gehandelt. "Herr Hentschel hat mir richtig gutgetan. Unter ihm bin ich aufgeblüht." Sogar die Noten des "Klassenclowns" änderten sich demnach merklich. "Meine Leistungen wurden besser, weil ich befreit war. Daran sieht man, wie sehr Lehrer die Schullaufbahn beeinflussen - im Positiven wie im Negativen."
Nach seiner Schulzeit absolvierte Schrüfer, der heute in Wimmelbach lebt, eine Lehre als Schriftsetzer in der Forchheimer Druckerei Streit. Die Ausbildung musste er aus gesundheitlichen Gründen allerdings abbrechen. In der Folge wurde er Bürokaufmann. Bis zu seinem Ruhestand arbeitete er im Landratsamt Forchheim.
Nicht nur ihm, auch anderen ehemaligen Schülern ist der Pädagoge Gerhard Hentschel auffallend positiv im Gedächtnis geblieben. "Er war ein Lehrer, den es in seiner Art kein zweites Mal gegeben hat", hält ein Mann auf Facebook fest. Er sei zugleich ein sehr strenger, aber auch gerechter Lehrer gewesen. "Ich werde ihn in guter Erinnerung behalten." Ähnlich äußert sich ein anderer User. "Ich hatte den Herrn Hentschel in der Pestalozzischule ein paar Jahre. Ich bin mit ihm super ausgekommen."
"Herr Hentschel war ein feiner Mensch, ruhig und gerecht", konstatiert ein weiterer früher Schüler. "Er war ein toller Mensch", bestätigt eine Nutzerin. "Das tut mir wirklich leid", erklärt eine weitere Frau mit Blick auf den Tod des populären Lehrers. Sie habe ihn vor einigen Monaten erst noch vor einem Supermarkt getroffen. "Hab ihn angesprochen und er hat mich erkannt." Er habe sogar noch gewusst, wo sie wohne. "Schön, dass er so ein langes, erfülltes Leben haben durfte", erklärt eine andere Ex-Schülerin, die Hentschel nach eigenem Bekunden in der Forchheimer Martinschule als Lehrer hatte. "Er möge ruhen in Frieden."
Gerhard Hentschel verstarb laut Traueranzeige am 1. April im Alter von 100 Jahren. Der Trauergottesdienst mit anschließender Beisetzung findet am Donnerstag (18. April 2024) im Forchheimer Stadtteil Buckenhofen statt. Auch Rainer Schrüfer hat vor, an der Beerdigung seines alten, geschätzten Lehrers teilzunehmen.
"Bis vor Kurzem habe ich nicht gewusst, dass er überhaupt noch lebt. "Ich hoffe, er ist ruhig und angenehm von uns gegangen." Auf Facebook wendet sich der 73-Jährige direkt an den Verstorbenen. "Ich denke oft an Sie. Ruhen Sie in Frieden - und danke!"
Im Raum Bamberg nehmen Feuerwehrleute derweil fassungslos Abschied von einem ihrer Kameraden. Dieser verstarb demnach "plötzlich und unerwartet" infolge eines medizinischen Notfalls - zu dem auch Kräfte der Feuerwehr alarmiert worden waren. Weitere Nachrichten aus Forchheim gibt es in unserem Lokalressort.