Was bei Dynamo Dresden unter Trainer Heiko Scholz nun anders laufen soll
Source: DNN - Dresdner Neueste Nachrichten
Author: Stefan Schramm
Dresden. Eine knappe Woche Zeit seit der Freistellung von Chefcoach Markus Anfang hatten Interimstrainer Heiko Scholz und seine beiden Mitstreiter Willi Weiße und Ulf Kirsten, um in ihren neuen Aufgabenbereich als verantwortliches Trainertrio der Profimannschaft von Dynamo Dresden hineinzuwachsen. Doch der Oberlausitzer Heiko Scholz, ein Typ der Marke "unverwechselbar" mit großem Erfahrungsschatz und immer einem Spruch auf den Lippen, zudem fest verwachsen mit den Schwarz-Gelben, muss sich gar nicht an diese neue Rolle gewöhnen, sondern eher sie an ihn: "Ich werde mich nicht groß umstellen. Ich bin ich. Ich kann auch manchmal selber über mich lachen, wenn ich mal einen Fehler mache", sagt der 58-Jährige.
Nach der Beurlaubung von Cristian Fiel und vor der Verpflichtung von Markus Kauczinski war er Anfang Dezember 2019 schon einmal Dynamos Interimscoach. "Ich habe das schon öfter gemacht. Klar, das letzte Mal ist fünf Jahre her. Das ist schon eine kleine Umstellung, aber für mich null Problem. Ich genieße die letzten vier Spiele, weil wir auch noch was erreichen wollen", macht Heiko Scholz klar. Am Sonnabend (14 Uhr) wird es nun ernst für ihn im Aufstiegskampf der 3. Liga, wenn die Sportgemeinschaft zum Spitzenspiel beim Tabellenzweiten SSV Jahn Regensburg antritt. Ob es tatsächlich der erwünschte Genuss wird, liegt aber längst nicht allein in seiner Hand.
Genau wie am Mittwoch beim 2:1-Auswärtssieg im Sachsenpokal-Halbfinale beim FSV Zwickau dürfte Scholz gemeinsam mit Willi Weiße an der Seitenlinie Platz nehmen. Etwas weiter hinten wird Ulf Kirsten auf der Bank neben Torwarttrainer David Yelldell sitzen und Kontakt zum Analysten halten, der von weiter oben das gesamte Feld im Überblick hat. "Wir sind erst ein paar Tage so zusammen, aber haben schnell hingekriegt, wer was wo macht. Wir sind als Team unterwegs und jeder muss seine Stärke einbringen", erklärt Heiko Scholz. Dynamos nomineller U19-Coach Willi Weiße kommt dabei frisch von der Schulbank, sicherte sich erst vor wenigen Monaten die Pro-Lizenz, den höchsten Trainerschein. Er hat viel Erfahrung im Nachwuchs, kann gut mit jungen Spielern, führte zuletzt die Dresdner A-Jugend zu Erfolgen in der Bundesliga. Willi Weiße ist gerade mal ein halbes Jahr älter als Kapitän Stefan Kutschke, bringt aber viel Fachwissen und neue Ideen ein.
Worin die Stärke von Ulf Kirsten liegt, der vor einem reichlichen Jahr als sportlicher Berater zu Dynamo Dresden zurückgekehrt war, ist naheliegend. Der Bundesliga-Rekordtorschütze der 1990er Jahre kümmert sich um die Abteilung Attacke. "Was der alles erlebt hat: 100 Länderspiele, -zig Europacup-Schlachten geschlagen, Fußballer des Jahres, Torschützenkönig. Wenn so einer mit auf dem Platz ist, ist das natürlich eine Autorität. Die Spieler kennen so einen. Wenn der was sagt: Das ist Gesetz", berichtet Scholz über seinen keine fünf Wochen älteren Mitstreiter, den er bereits seit Ende der 1970er Jahre aus gemeinsamen Tagen im Dynamo-Nachwuchs kennt. Ulf Kirsten und Offensive sind quasi synonym.
"Wenn der mit unseren Stürmern spricht, weiß er, wovon er spricht. Gerade in Sachen Laufwege. Da erhoffe ich mir enorm viel", sagt Heiko Scholz, der in diesem Zusammenhang bei der Pressekonferenz vorm Regensburg-Spiel erneut Robin Meißners Laufweg an den kurzen Pfosten bei dessen Tor zum 1:0 in Zwickau hervorhob. "Ich glaube, es hat schon Früchte getragen", vermutet Heiko Scholz, der natürlich auch über Meißners spätes zweites Tor zum 2:1-Sieg kurz vor Ablauf der 90 Minuten glücklich war: "Das ist im Pokal immer der beste Zeitpunkt. Es ist nicht zu spät, aber auch nicht zu früh. Ich war froh, dass wir nicht über die 120 Minuten gehen mussten, denn drei Tage später ist wieder ein wichtiges Spiel. Ich hoffe, dass das jetzt die Brust rausbringt und wir mit breiter Brust nach Regensburg fahren!"
Noch viel Markus Anfang, aber eindeutig auch schon etwas Heiko Scholz: Das Konzept des vorherigen Trainers ist der Grundstock, ergänzt um ein paar frische Gedanken. Schließlich lässt sich innerhalb einer Woche das Rad nicht neu erfinden. "Das alte System hat ja funktioniert. Man muss im Fußball nicht alles von heute auf morgen umstellen. Was klappt, sollte man beibehalten. Wir haben den Jungs zwei, drei Varianten mitgegeben, die aber im Fußball auch nichts neues sind. Dass die Spieler, die sich in ihrer Position wohlfühlen, mal eine kleine Freiheit haben, sich selber ins Spiel bringen. Das ist der Ansatz jetzt. Was vor Wochen gut war, warum sollte das jetzt schlecht sein? Fußball ist sehr vielfältig, das wollen wir den Jungs mitgeben", berichtet Heiko Scholz. Klingt nach mehr Variabilität. Auch die zu hohe Ausrechenbarkeit war ein Faktor, der Dynamo Punkte kostete.
So ist auch das Anfangsche 4-3-3-System keineswegs in Stein gemeißelt. Der Doppelsturm vom Zwickau-Spiel könne auch in Regensburg eine nützliche Variante sein, so Heiko Scholz: "Wir haben mit zwei Stürmern gespielt, waren aber trotzdem sehr variabel, weil die gut rochiert sind. Einer ging, einer kam entgegen. Das ist immer eine Option." Nur ist der seit 2023 von Joe Enochs trainierte SSV Jahn Regensburg eben nicht Enochs' Ex-Verein FSV Zwickau. "Das wird ein sehr schweres Auswärtsspiel. Regensburg ist eine absolute Spitzenmannschaft, von der Tabelle und den Ergebnissen der letzten Wochen her der ganz klare Favorit", schätzt Heiko Scholz ein und fährt fort: "Das ist eine körperlich sehr robuste Mannschaft und eine gute Umschaltmannschaft, sehr intensiv. Und sie ist bei Standards sehr gefährlich."
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Zwickau hin, Regensburg her: Klar ist, dass die derzeit vierplatzierten Dynamos auch diese Begegnung gewinnen müssen. Nur so haben sie angesichts der großen Konkurrenz in den danach noch ausstehenden drei Partien eine realistische Aussicht auf das Erreichen des Relegationsplatzes. Und nur so erhalten sie sich zugleich das Fünkchen Hoffnung auf Rang zwei und damit den direkten Aufstieg in die 2. Bundesliga, denn der Rückstand auf den Jahn würde sich bei besserer Tordifferenz auf drei Punkte verkürzen. Und wie der aktuelle Drittplatzierte Preußen Münster zeitgleich bei der Kölner Viktoria abschneidet, die den Schwarz-Gelben in der Vorwoche eine schmerzhafte 0:2-Heimniederlage beigebracht hatte, muss sich auch erst zeigen. Heiko Scholz und sein Team packen es jedenfalls an und wissen: Der Aufstiegszug ist selbst nach einem Sieg aus den letzten neun Punktspielen immer noch nicht abgefahren.