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Wer mit dem Rad auf dem Gehweg fährt, kann vor Gericht landen

Wer mit dem Rad auf dem Gehweg fährt, kann vor Gericht landen

Source: LVZ - Leipziger Volkszeitung
Author: André Neumann

Borna/Eilenburg. Es kann ganz schnell gehen, und man bekommt es als unbescholtener Bürger mit den Härten des Gesetzes zu tun. Eine unüberlegte Handlung, Gedankenlosigkeit oder Übermut können dazu führen, dass man straffällig wird. Dann flattert bestenfalls ein Strafbefehl der Staatsanwaltschaft ins Haus, im schlechteren Falle bringt der Postbote die amtliche Vorladung zu einer Gerichtsverhandlung. Fallstricke dafür lauern jede Menge im Alltag.

Damit sind noch nicht einmal vermeintlich kleine Alltagssünden gemeint, wie ein Handtuch aus dem Hotel, das bei der Abreise im Koffer landet, oder das Bierglas aus der Kneipe, das scheinbar unabsichtlich in die Handtasche rutscht. Dass es sich hierbei um Diebstahl handelt, sollte eigentlich jedem klar sein. Erstattet das Hotel oder der Gaststättenbetreiber eine Anzeige, verfolgt die Staatsanwaltschaft auch diesen Diebstahl sogenannter geringwertiger Sachen. Laut Strafgesetzbuch (Paragraf 242) stehen auf Diebstahl Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft.

Es kann aber auch schlimmer kommen. Ein junger Mann aus Markranstädt hatte sich garantiert nichts Böses gedacht und schon gar nicht an eine Straftat, als er auf einer Straße in Leipzig seiner Freundin auf dem Beifahrersitz mit cooler Fahrweise imponieren wollte. Er überholte zügig einen vermeintlichen Bummler, setzte sich vor ihn und bremste dann zu stark ab.

Der andere fuhr auf, und der junge Mann stand wegen des Vorwurfs der "Gefährdung des Straßenverkehrs" (Paragraf 315c) in Borna vor Gericht. Auch hierfür sieht das Strafgesetz bis zu fünf Jahre Gefängnis vor. Der junge Mann teilte dann auch noch eine Kopfnuss aus. Dass das Körperverletzung war, hätte er freilich wissen können.

Viele solcher Tücken lauern tatsächlich im Straßenverkehr. Vermeintlich geringfügiges Fehlverhalten kann hier, wenn etwas passiert, zu einer schweren Straftat werden. Davor warnt Martin Schultheiß, der Direktor des Amtsgerichtes Borna. Er beobachtet beispielsweise mit Sorge, sagte er der LVZ, wie gedankenlos viele Menschen in Borna mit dem Fahrrad auf Gehwegen fahren. Das ist an sich erst einmal nur eine Ordnungswidrigkeit. Wird der Gehwegfahrer von der Polizei gestellt, kommt er mit einem Bußgeld von bis zu 55 Euro davon.

Anders, wenn ein Unfall geschieht. "Die Leute fahren mit dem Rad schnell und dicht an der Hauswand. Wenn dann plötzlich jemand aus der Tür tritt, und sie fahren den um", sagt Gerichtsdirektor Schultheiß, "dann ist das ganz schnell eine fahrlässige Körperverletzung." Dann kommt das Strafgesetzbuch (Paragraf 229) ins Spiel. Es sieht dafür Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Haft vor.

Ein klassischer Fall ist in dieser Hinsicht die Fahrerflucht, die im Strafgesetzbuch (Paragraf 142) "unerlaubtes Entfernen vom Unfallort" heißt. "Darunter stellt man sich etwas Schlimmes vor", sagt Martin Schultheiß. Doch es reiche schon eine kleine Schramme, die man am Supermarkt dem Nachbarauto beim Ausparken zufügt. "Wer dann einfach wegfährt, macht sich strafbar." Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Gefängnis kann es dafür geben. Bei nur geringen Schäden werden die Verfahren aber in der Regel eingestellt.

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Unkenntnis kann auch im Zug oder im Bus zu einem Vergehen nach dem Strafrecht führen. Dann nämlich, wenn jemand - bewusst oder unbewusst - ohne gültiges Ticket fährt. Die 60 Euro, die der Zugbegleiter dafür kassiert, darauf macht Richter Schultheiß aufmerksam, sind nämlich nicht, wie die meisten glauben, die Strafe, sondern nur ein sogenanntes erhöhtes Beförderungsentgelt.

Wenn das Verkehrsunternehmen den Schwarzfahrer nämlich anzeigt, dann geht es um den Tatbestand "Erschleichen von Leistungen" (Strafgesetzbuch Paragraf 265a). Geldstrafe oder ein Jahr Gefängnis stehen darauf als Strafmaß.

Man kann aber auch in anderen Bereichen des Lebens überraschend in die Straffälligkeit geraten. Ein Beispiel nennt Ruben Franzen, Richter und Sprecher am Amtsgericht in Eilenburg: Der Großvater stirbt, und im Nachlass befindet sich eine funktionsfähige alte Pistole.

Als rechtmäßiger Erbe, der von diesem Geheimnis des Vorfahren nichts wusste, ist man plötzlich Besitzer dieser Waffe und kann ganz schnell mit dem Waffengesetz in Konflikt geraten. Das stellt nämlich den unerlaubten Besitz von Schusswaffen unter Strafe. Angedroht werden bis zu fünf Jahre Gefängnis.

Während dieser Fall äußerst selten sein dürfte, kann das Folgende jedem passieren: Auf der Straße oder unter der Parkbank liegen ein paar Geldscheine oder ein Portemonnaie oder etwas anderes von Wert. Die Versuchung kann in dem Moment groß sein. Doch wer so etwas findet, muss versuchen, den Besitzer ausfindig zu machen, den Fund melden, oder ihn bei der Polizei oder beim Fundbüro der Gemeinde abgeben.

Wer das nicht tut und dabei erwischt wird, macht sich strafbar, sofern der Wert der Sache über einer Bagatellgrenze von meist um die zehn Euro liegt. Dann liegt eine Unterschlagung im Sinne des Strafgesetzbuches (Paragraf 246) vor. Das dafür vorgesehene Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis zu drei Jahren Haft.

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