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Besucher aus aller Welt: Was das Vogelschutzgebiet auf Heiligenhafen so einzigartig macht

Besucher aus aller Welt: Was das Vogelschutzgebiet auf Heiligenhafen so einzigartig macht

Source: LN - Lübecker Nachrichten
Author: Manuel Büchner

Heiligenhafen. "Vorsicht! Nicht zu nah drangehen", sagt Eva Witt. Die Jugendwartin des Naturschutzgebietes Graswarder in Heiligenhafen beäugt einen Austernfischer, der gerade auf drei sandfarbenen, gefleckten Eiern hockt. "Der brütet vor der Hütte und lässt sich nicht stören", sagt sie - fast ein bisschen stolz. Vor der Holzhütte des Nabu ist jede Menge los. Eine Gruppe, ausgestattet mit Ferngläsern und riesigen Objektiven für Naturfotografie, bricht zu einer Führung auf. Auch auf dem einzigen Weg durch das Schutzgebiet sind viele Menschen unterwegs. Passt das zu einem Naturschutzgebiet?

Der Vorsitzende der Ortsgruppe, Winfried Witt, sagt, ohne zu zögern: "Ja. Die Menschen zieht es verständlicherweise in die Natur." Der Tourismus müsse nicht am Eingang des Schutzgebietes Halt machen, erzählt er. "Ganz im Gegenteil", sagt Mitstreiter Uwe Stephan. "Für Heiligenhafen ist es ein absolutes Highlight." Wichtig sei aber, dass die Menschen "mehr Rücksicht an den Tag legen" und ein "Grundbewusstsein entwickeln, dass die Natur geschützt werden muss", erzählt Witt.

Das Naturschutzgebiet ist über 230 Hektar groß. Davon sind 100 Hektar Land mit der berühmten, unter Denkmalschutz stehenden Häuserreihe sowie den angrenzenden Watt- und Wasserflächen der Ostsee. Das Gebiet wächst Stück für Stück in Richtung Osten mit sich neu bildenden Nehrungshaken - mittlerweile auf einer Länge von mehr als 2,5 Kilometern. "Von überall auf der Welt kommen Menschen an diesen besonderen Ort", schwärmt Stephan.

Die Ehrenamtler haben viele Aufgaben: Beobachtung und Dokumentation von Flora und Fauna, Schulklassenführungen und Jugendarbeit, Begleitung von Uni-Projekten, Zusammenarbeit mit der örtlichen VHS und der Segelschule. Der Aussichtsturm ist ganzjährig geöffnet. Von Ostern bis Oktober gibt es tägliche Führungen - im Sommer sogar zwei - durch einen Naturschutzwart. Aktuell ist das Christian Spickermann: "Bei uns können die Menschen Natur erleben, mit allen Sinnen. Dabei helfen wir." Zu den Aufgaben gehören auch das Durchsetzen des Betretungsverbotes und das Melden von Verhalten, das die Natur schädigt. "Wir sind die Beschützer", sagt Stephan.

Eigentümer des Gebietes ist die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein. Von der Nabu-Gruppe mit etwa 250 Mitgliedern wird es ehrenamtlich betreut. "Wir agieren autonom. Der Nabu bildet den Rahmen, hilft uns unter anderem mit seiner Expertise", erklärt der Vorsitzende. Dazu gehört auch, Gelder für neue Projekte beim Land zu beantragen. Bald sollen eine Photovoltaikanlage für die Nabu-Hütte und eine Aussichtsplattform angeschoben werden.

Der Graswarder beherbergt zahlreiche Naturschätze. Zum Beispiel den vom Aussterben bedrohten Sandregenpfeifer. Sturmmöwen, durch einen Zaun geschützt vor Prädatoren, können im Schutzgebiet in Ruhe brüten. Es ist die zweitgrößte Kolonie Deutschlands. Fast alle anderen seien nahezu zusammengebrochen, erzählt Uwe Stephan. Auch die extrem seltene Urform der heute angebotenen Selleriearten ist hier beheimatet. Sie stehe auf der Roten Liste, Kategorie 1, erzählen die Naturschützer. Ebenfalls sehr selten: die Stranddistel.

Von der Nordsee ins Naturschutzgebiet verirrt, hat sich zuletzt auch ein Löffler, von dem es im Wattenmeer kaum noch 400 Paare gibt. Ebenfalls von der Nordsee und auf der Roten Liste: der Regenbrachvogel auf Durchreise in Richtung Taiga und Tundra. Im Schutz des Graswarders macht auch die Eisente Rast, deren weltweite Population sich in zwei Jahrzehnten um zwei Drittel reduziert hat. "Es spricht sich halt herum, wie schön es hier ist", sagt Winfried Witt. Er lächelt und nimmt einen tiefen Atemzug beim Blick über das Naturschutzgebiet, bevor er sein Fernglas zückt.