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Neue Windrad-Prämien in Sachsen: So viel können Gemeinden künftig mitverdienen

Neue Windrad-Prämien in Sachsen: So viel können Gemeinden künftig mitverdienen

Source: LVZ - Leipziger Volkszeitung
Author: Andreas Debski

Dresden. Kaum werden Pläne bekannt, einen Windpark zu errichten, folgt nicht selten der Protest. Jüngstes Beispiel ist der "Gegenwind Waldpolenz" im Landkreis Leipzig. Um die Akzeptanz zu erhöhen, sollen Kommunen künftig an den Erneuerbaren Energien mitverdienen: Im sächsischen Landtag ist jetzt ein entsprechendes Gesetz der schwarz-grün-roten Koalition beschlossen worden.

Es ist kein Geheimnis: Sachsen hinkt vor allem beim Windkraft-Ausbau seit Jahren hinterher. Mit der Gesamtleistung aus seinen knapp 900 Anlagen bildet der Freistaat - gemeinsam mit dem Saarland - bundesweit das Schlusslicht. Im vergangenen Jahr sind laut Marktdatenstammregister zwar zehn Windräder ans Netz gegangen. Gleichzeitig wurden aber 13 alte Anlagen abgerissen.

Neue Anlagen haben zwar den Vorteil, dass sie leistungsfähiger sind. Damit lässt sich mit weniger Zubauten deutlich mehr Ertrag schaffen. Doch der Saldo ist im Freistaat weiterhin zu niedrig, um die Ausbauziele tatsächlich erreichen zu können. Laut Energieministerium sind im Jahr 2023 aber 29 weitere Windräder wenigstens genehmigt worden.

Ab dem kommenden Jahr müssen Städte und Gemeinden an den Erlösen beteiligt werden. Das gilt sowohl für Windräder, als auch für große Solarparks ab einer Leistung von einem Megawatt, die auf ihrem Gebiet errichtet werden. "Städte und Gemeinden verdienen jetzt verbindlich und gesichert an der Energiewende mit", erklärt Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne). Seine Hoffnung lautet: "Das erhöht die Akzeptanz für den Ausbau erneuerbarer Energien."

Andere Bundesländer - etwa Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg - haben bereits seit Jahren vergleichbare Regelungen, zuletzt hatten Thüringen und Sachsen-Anhalt nachgezogen. Sachsen hatte ursprünglich eine bundeseinheitliche Regelung favorisiert. Nun erhalten auch im Freistaat Gemeinden, die sich im Umkreis von 2500 Meter um die Mastmitte der jeweiligen Windanlage befinden beziehungsweise auf deren Gebiet die Photovoltaik-Freifläche ganz oder teilweise errichtet wird, eine Ertragsbeteiligung. Das gilt bei Projekten, die nach dem 31. Dezember 2024 genehmigt werden. Für früher genehmigte oder bereits errichtete Anlagen können freiwillige Vereinbarungen mit den Betreibern getroffen werden.

Die Zahlung hängt vom erzeugten Strom ab. Bei Windrädern sind es mindestens 0,2 Cent je Kilowattstunde, für Photovoltaik gilt mindestens 0,1 Cent. Alternativ können Kommunen auch Vereinbarungen bis zum Doppelten dieses Wertes abschließen. Die Linksfraktion hatte einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, der jedoch keine Mehrheit fand. Demnach hätten auch die Menschen, die in der Umgebung der Anlagen wohnen, direkt profitiert: etwa durch Geldzahlungen, Gutscheine oder günstige Strompreise.

Da die Überweisungen an die Kommune von der Stromerzeugung abhängen, wird also Geld verdient, wenn sich das Windrad dreht oder die Sonne scheint. Das Energieministerium rechnet mit durchschnittlich 20 000 bis 40 000 Euro pro Jahr und Anlage. Bei mehreren Windrädern erhöht sich die Summe entsprechend. So rechnet zum Beispiel Pegau (Landkreis Leipzig) für einen geplanten Windpark mit 70 000 Euro. Für Leipzig könnten 100 000 Euro herausspringen, ebenfalls durch das Wind-Projekt.

In dem neuen Gesetz ist auch die Verwendung der Ertragsbeteiligung festgeschrieben. Konkret heißt es: "Für die Einwohnerinnen und Einwohner soll der Bezug zwischen Maßnahme und den jeweiligen Geldmitteln erkennbar sein." Insbesondere die betroffenen Ortsteile sollen - bei größeren Gemeinden - profitieren.

Das Geld kann unter anderem für Kitas, Schulen, Feuerwehren und Vereine ausgegeben werden, aber auch zur "Aufwertung des Ortsbildes". Daneben sollen Maßnahmen für den Natur- und Artenschutz sowie zur Klimaanpassung unterstützt werden. Die Gemeinde muss jährlich bis zum 30. September öffentlich über die Verwendung des Geldes informieren.

Eine Studie der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (Brandenburg) zu den zusätzlichen Einnahmequellen hatte im vergangenen Jahr ergeben: "Die Verpflichtung führt merkbar zu einer Steigerung der Akzeptanz von Windenergieanlagen." Dass aber selbst das in Aussicht stehende Geld kein Garant ist, hat sich erst am vergangenen Sonntag in Kriebstein (Mittelsachsen) gezeigt: Bei einem Bürgerentscheid wurde gegen einen Solarpark votiert. Rund 100 000 Euro, so hatte Bürgermeisterin Maria Euchler (Freie Wähler) gerechnet, hätten jedes Jahr in die Gemeindekasse fließen können.

In Brandis (Landkreis Leipzig), wo sich eine Bürgerinitiative gegen den Energiepark Waldpolenz gegründet hat, sollen Einwohnerinnen und Einwohner über eine Bürgerenergie-Genossenschaft nun auch direkt beteiligt werden. Die bis zu fünf geplanten Windräder würden zudem auch zusätzliches Geld in die Stadtkasse spülen, neben Pachteinnahmen von rund 15 Millionen Euro in den nächsten 20 Jahren.

Der Freistaat hat sich - und allen voran der Energie- und Klimaschutzminister - auf die Fahne geschrieben, das Flächenziel des Bundes vorfristig zu erfüllen. Dafür gelten die Kommunen als maßgeblicher Faktor. Deshalb wird nicht nur die neue Ertragsbeteiligung eingeführt, sondern erhalten Städte und Gemeinden durch eine "Flexibilisierungsklausel" auch mehr Freiheiten bei der Planung von Windrädern und Solaranlagen.

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Denn laut Günther sollen schon bis Ende 2027 alle Flächen definiert sein, die für die vorgegebenen Ausbauziele gebraucht werden. Sachsen muss nach einem Bundesgesetz bis zum Jahr 2032 mindestens zwei Prozent seiner Fläche für Windkraft ausweisen. Bislang sind es 0,3 Prozent. Zusätzliche Areale sind also dringend notwendig - deshalb setzt Günther auf die neue Ertragsbeteiligung: "Das bringt Energiewende und Klimaschutz und damit die Wirtschaft voran. Und das schafft einen deutlichen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger in den Standortkommunen."

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