Rostocker hat halbes Leben im Lkw verbracht: "Konnte meine Familie wochenlang nicht sehen"
Source: OZ - Ostsee-Zeitung
Dummerstorf. Schlafen auf Raststätten, fremde Länder durchqueren und die Familie selten sehen: Das Leben eines Lkw-Fahrers kann herausfordernd sein. Der Rostocker Andreas Röhl fährt bereits seit 44 Jahren die 40-Tonner. Seinen Lkw hat er sich vor zwölf Jahren selbst gekauft. Mittlerweile hat er 1,4 Millionen Kilometer auf dem Tacho. Er nennt ihn liebevoll "weiße Lady."
Für die Zippel Logistik GmbH in Dummerstorf fährt der 60-Jährige seit vier Jahren. "Davor bin ich für eine schwedische Firma gefahren." Bis dato unfallfrei. Seine letzte Tour führte ihn mit etwa 20 Tonnen Nugatcreme nach Hamburg. Er habe schon alles Mögliche transportiert - von Erbsenöl bis hin zu Stahl.
"Ich habe etwa 50 bis 60 Prozent meiner Lebenszeit im Lkw verbracht", meint Röhl. Seine selbst eingerichtete Fahrerkabine ist das Herzstück. "Hier fahre und schlafe ich auf knapp sechs Quadratmetern." Die Ausstattung besteht aus Echtleder und habe einige Tausend Euro gekostet. An der Frontscheibe sitzt ein kleiner Plüschelch. "Das ist Helge, der begleitet mich auf jeder Fahrt."
Jeden Morgen trinkt er einen Kaffee aus der eingebauten Kaffeemaschine. Direkt hinter dem Fahrersitz kommt das Bett, darunter befindet sich ein kleiner Kühlschrank. Was nicht fehlen darf: eine Mikrowelle. Schon oft habe er Essen von zu Hause mitgenommen.
Oft konnte Röhl seine Familie für mehrere Tage oder auch Wochen nicht sehen. "Ich hatte meine Frau und mein Kind zu Hause. Teilweise hat eine Tour 17 bis 18 Tage gedauert. Meist ging es dann von Schweden nach Portugal", berichtet der Rostocker. Zu dieser Zeit sei er häufig 800 Kilometer am Tag gefahren.
"Meine Frau hat mir vieles abgenommen, beispielsweise wenn mein Kind abgeholt werden musste. Manchmal ist sie auf einer Tour auch mitgekommen und hat sich extra freigenommen." Lkw zu fahren, macht dem 60-Jährigen nach wie vor Spaß. Er sei in fast jedem Land Europas unterwegs gewesen. Ein Highlight seien die Fahrten durch Spanien.
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Solche Touren sollten jedoch nicht unterschätzt werden. Wer den 40-Tonner fährt, trägt Verantwortung: Der Wert der Fracht liege überwiegend im sechsstelligen, mitunter auch im siebenstelligen Bereich. Bisher seien die Aufträge jedoch immer reibungslos abgelaufen.
Jeder Autofahrer kennt es: Alle paar Kilometer an der Autobahn kommt eine Raststätte. Für die meisten Lkw-Fahrer ist das wie ein zweites Zuhause. "Nach 4,5 Stunden muss ich 45 Minuten Pause machen. Im Normalfall auf einer Raststätte." Für viele Fahrer die Gelegenheit, sich ihre Beine zu vertreten und für Verpflegung zu sorgen. Jedoch nicht für Röhl: "Die Preise an Raststätten sind stark gestiegen. Früher konnte man sich eine Bockwurst und einen Kaffee noch leisten, heute esse ich dort kaum noch."
Vor Ort kann gelegentlich Wäsche gewaschen werden. "Morgens und abends hat man dann Zeit, sich um Wäsche und Hygiene zu kümmern. Blöd nur, wenn man dann kein Kleingeld dabeihat, um die öffentlichen Toiletten nutzen zu können."
Das ständige Sitzen mache dem Rostocker nichts aus. "Ich habe keinerlei Schmerzen oder Sonstiges davongetragen, obwohl ich fast täglich für mehrere Stunden im Lkw sitze. Ich hoffe, dass es so bleibt." Er habe sich auch daran gewöhnt, auf Raststätten zu schlafen. Mittlerweile überhöre er sogar den Lärm der Autobahn.
Röhl fährt die 40-Tonner aus Leidenschaft und will noch mindestens bis 67 auf den Straßen unterwegs sein. "Heute fahre ich noch 400 bis 500 Kilometer am Tag. Seitdem ich für Zippel arbeite, bin ich keine Langstrecken mehr gefahren." Die Touren dauern meist nur noch Stunden oder wenige Tage.